#1 Falsche Erwartungen haben
Wohl mit das größte Problem von Leuten, die das Trading erlernen möchten, sind falsche Erwartungen. Ganz gezielt wird von der Broker- und auch der Prop-Trading-Industrie ein verfälschtes Bild gezeichnet. Natürlich möchten alle finanziell frei sein, mit dem Laptop am Pool vor der bezahlten Villa sitzen und mal grüne und mal rote Knöpfchen drücken bis man endlich wieder Scheine zählen darf.
Doch alles, was ein Trading-Anfänger zunächst versuchen sollte, ist nicht oder nicht zuviel zu verlieren. Punkt. In der Anfangszeit, die bei dem einen kürzer bei dem anderen länger dauert, sollte man sich komplett auf den Prozess (Strategie, Trade-Ausführung, Mindset etc.) konzentrieren. Der hoffentlich virtuelle Kontostand sollte dabei zunächst keine Rolle spielen.
Ich weiß, klingt einfach, ist es aber nicht. Ging bei mir auch schief bis nach ca. 2 Jahren laaangsaaam die Erkenntnis durchsickerte und immer noch sickert.
#2 Ständig Strategie wechseln
Am Anfang der steilen Trading-Karriere wird man überhäuft mit neuen Begriffen, Trading-Stilen, Trading-Apps und eben Strategien. Es scheint, dass jeder, der mal einen Gewinn-Trade gemacht hat, seine super einfache für Anfänger geeignete Strategie auf YouTube präsentiert. Es gibt diese Videos zu Tausenden.
So muss man erstmal verstehen, dass es die „beste“ Strategie nicht gibt. Es gibt nur die beste Strategie für einen selbst. Einzig durch viel Zeit vor den Charts findet man heraus, welche Herangehensweise an den Markt die profitabelste sein könnte.
Absolut falsch ist jedoch, wenn man bei kleinen Misserfolgen die Strategie sofort wechselt und ihr quasi keine Zeit zur Entfaltung einräumt. Man muss lernen, dass man es beim Traden mit Wahrscheinlichkeiten zu tun hat. Jede Strategie hat je nach Marktsituation ihre Verlustphasen. Auch durch Backtesting muss daher herausgefiltert werden, bei welcher Strategie man sich am sichersten fühlt.
#3 Kein Backtesting machen
Womit wir auch schon beim Thema wären. Fundamental für das Vertrauen in eine Strategie ist das Backtesting. Nur damit kann man sich emotional für den aktiven Handel im Markt wappnen. Wenn man eine Strategie gefunden hat, die einem liegen könnte, muss man sie in möglichst unterschiedlichen Marktphasen auf Herz und Nieren testen.
Wenn man sich dieses Vertrauen in eine Strategie nicht erarbeitet, wird man Entscheidungen im Markt meist auf emotionaler Ebene treffen. Diese sind jedoch kein guter Ratgeber für rationales Vorgehen und werden Verluste mit sich bringen. Meiner Meinung nach wird erst durch Backtesting und dem Traden auf einem Demokonto ein Mindset gebildet, das einen langfristig profitabel machen kann.
#4 Dem Preis hinterherspringen
Es wird vorkommen, dass man den richtigen Einstieg verpasst. So gut eine Strategie auch sein möge, es wird Momente geben, an denen man bereut, eine Position nicht eher eröffnet zu haben. Vielleicht ist der wichtigste Impuls bereits im vorbörslichen Handel passiert oder man war als Scalper einen Moment abgelenkt.
In diesem Moment ist es enorm wichtig, dem Preis nicht hinterher springen zu wollen. Jeder Trader hat sicher schon FOMO (Fear of Missing Out) verspürt und auch einen schlechteren Preis in Kauf genommen, um nicht der „Einzige“ zu sein, der den Trade verpasst. Nicht selten nimmt man so ein höheres Risiko in Kauf, welches in der Strategie so nicht vorgesehen ist.
In diesem Moment muss man verstehen, dass die Möglichkeiten am Markt schier unendlich sind. Das nächste Setup kommt ganz sicher. Nur muss man eben den nächsten Bus nehmen.
#5 Keine Disziplin entwickeln
Manchen Menschen gelingt es schneller die richtige Disziplin für das Trading zu entwickeln als anderen. Nur mit einer richtig guten Selbstkontrolle kann man im Trading erfolgreich sein. Diese zu entwickeln braucht auch wegen der oft falschen Erwartungen seine Zeit und viel harte Arbeit. Diesen Weg wollen oder können nicht alle gehen.
Oft sieht man Leuten die Fähigkeit zu diszipliniertem Verhalten auch in anderen Lebensbereichen an. Wenn man es nicht schafft, sich beim Sport zu fordern, beim Essen oder Alkohol zu kontrollieren oder nicht um selbst gesteckte Ziele zu kämpfen, immer wieder Dinge unfertig beendet, um sich der nächsten „Herausforderung“ zu stellen, wird man es schwer haben, das richtige Mindset für das Trading zu entwickeln.
Wenn ich eines beim Traden gelernt habe, dann ist es Disziplin. Es ist nötig sich ständig möglichst objektiv selbst zu reflektieren und dann unentwegt an sich zu arbeiten.
#6 Zu großen Hebel verwenden
Wie gesagt haben viele (ich auch) völlig falsche Erwartungen an die Anforderungen eines Traders. Dass richtig harte Arbeit hinter einem erfolgreichen Trader steckt, lernt man nach und nach am eigenen Leibe.
Aber eben wegen falscher Erwartungen wird oft viel zu viel Geld eingesetzt bzw. ein zu großer Hebel verwendet. Vielleicht hatte man einen Zufallstreffer und mit einem Trade viele Tausend Euro gemacht. Ganz einfach also. Hier – und ich spreche auch aus eigener Erfahrung – überschätzen sich die meisten maßlos. Die Kohle ist schneller wieder weg als man „Lamborghini“ sagen kann.
Um gute Trades reproduzieren zu können, muss erlernt werden, eine Strategie mit Risiko- und Money-Management vernünftig anzuwenden und dabei das richtige Mindset zu haben. Nach dem Üben auf dem Demo-Konto ist die beste Herangehensweise wohl, ein kleines CFD-Konto (z. B. 100€) selbst groß zu traden. Nur so weiß man Hebel richtig anzuwenden und vor allem ihn zu respektieren.
#7 Keinen Stop-Loss verwenden
Es gibt Menschen oder eben Institutionen, die keinen Stop-Loss verwenden. Das mag ja okay sein, wenn man ein Hedgefond oder eine Person mit einem großen Maß an Disziplin ist. Aber besonders für Anfänger und im Daytrading-Bereich ist das unverantwortlich.
Oft lassen unerfahrene Trader nicht bewusst den Stop-Loss weg, weil sie die Position aktiv möchten (also zur Not schließen), sondern weil sie Angst vor dem Gefühl des Verlustes haben. Auch ich kenne das gut. Ich hatte zwar immer einen Stop-Loss, habe diesen aber zu Beginn häufig verschoben. Das hatte völlig unnötige Verluste zur Folge und natürlich war so auch eine Position in die andere Richtung keine Option.
Das ist ganz einfach fehlendes Risiko-Management und zuviel Ego. In diesem Stadium ist es unmöglich profitabel zu sein. Man macht lediglich Bekanntschaft mit dem Begriff „Margin-Call“. Um Profite machen zu können, ist es wichtig zu lernen, Verluste zu machen.
#8 Zu viele Indikatoren verwenden
Egal welche Trading-Plattform oder Analyse-Tools man verwendet, man bekommt eine Unmenge an Indikatoren zur Verfügung gestellt. Zahlreiche YouTube-Videos preisen verschiedene Kombinationen an, die einem sichere Trading-Gewinne garantieren sollen.
Der geneigte Anfänger neigt oft dazu, in möglichst vielen Indikatoren eine Antwort auf die Frage „Wann ist der perfekte Einstieg?“ zu finden. Diese Frage lässt sich jedoch erst mit viel Erfahrung beantworten und „perfekt“ ist im Spiel der Wahrscheinlichkeiten auch so eine Sache.
Es gibt Leute, die auf ihrem Chart vor lauter Indikatoren den Preis nicht mehr sehen können. Auf diese Weise bekommt man lediglich einen Haufen verwirrender Signale. Viele der Indikatoren zeigen außerdem das Gleiche an. Für mein persönliches Trading ist der nackte Preis, ein paar Moving Averages, Volumen und vielleicht ein Oszillator (z. B. RSI) eine Aufstellung, mit der ich mich wohlfühle.
#9 Auf Trading-Signale vertrauen
Anfänger, wenn sie einmal gemerkt haben, dass man doch nicht so einfach in ein paar Monaten reich wird, erhoffen sich manchmal klare Antworten bei vermeintlich gestandenen Trading-Gurus oder Signal-Services. So muss man nicht selbst denken und wird gegen ein kleines Entgelt trotzdem reich. Easy!
Mitnichten. Diese Art zu „Traden“ hat sich mir nie erschlossen. Das System anderer zu kopieren ist meiner Meinung nach sinnlos. Man begibt sich in absolute Abhängigkeit eines Dritten und wird das Traden selbst nie erlernen und die erhoffte finanzielle Unabhängigkeit erlangen. Mal davon abgesehen ist es meist teuer und es treiben sich derart viele Scharlatane auf diesem Feld, dass die Chance einen wirklich kundigen Experten zu finden, sehr gering ist.
#10 Zu früh aufgeben
Oft wird gesagt, dass es 90% der angehenden Trader nicht schaffen, profitabel zu werden. Ob freiwillig oder unfreiwillig (weil Geld alle) hören diese mit dem Trading wieder auf. Eben deswegen ist es so ratsam, lange auf dem Demo-Konto zu arbeiten und dann mit einem sehr kleinen Konto oder durch Prop-Trading weitere Erfahrungen zu sammeln ohne das eigene Ersparte aufs Spiel zu setzen.
Die falschen Erwartungen werden oft je enttäuscht und das lange Tal der harten Arbeit, emotionalen Anforderungen, Tiefschlägen und des Verlustes von Geld wollen oder können nicht viele unbeschadet hinter sich bringen. Sie hören beim Durchschreiten dieses Tals bereits auf, weil entweder das Geld alle ist oder weil sie glauben, sie seien nicht für das Trading geeignet.
Hier spreche ich wieder aus eigenem Empfinden. Ich glaube, wenn man die Zähne zusammenbeißt und versucht diese Leidensphase möglichst rational zu beurteilen – was schwer ist, wenn man mittendrin ist – kann man den Durchbruch (oder eher Hinübergleiten) zum profitablen Trader schaffen.
Fazit
Früh wurde mir persönlich deutlich, dass es nach dem Erlernen der Grundlagen im Trading nur einen Faktor gibt, an dem ich arbeiten muss. An mir selbst. Das Identifizieren der oben genannten und weiteren Fehlern war und ist für mich ein wichtiger Baustein bei der Verbesserung meiner Trading-Resultate.
Weiterhin glaube ich, dass dieser Prozess nie aufhören wird. Um profitabel zu bleiben muss man sich tagtäglich an sich arbeiten und danach streben sich zu verbessern.